Kathrin Emberger
 

Tischlerin
Geboren am 16.12.1980 in Göppingen
Wohnhaft in Süßen
2001-2003 Ausbildung zur Tischlerin seit 2003 Tätigkeit als Gesellin
Ausbildungsbetrieb: Schreinerei Bernd Gmünderstr.91 73037 Göppingen- Maitis

Hobbies: joggen, lesen, Modelbau, Jungschar halten

Erwartungen: italienische Kultur und Sprache kennen lernen, Einblicke in die italienische Handwerkstradition und berufliche Weiterbildung; persönliche Weiterentwicklung

 

Abschlußbericht

Die Gruppe in IL Vile
Zu vierzehnt waren wir in IL Vile, einem von den G.I.A.N.s renovierten Bauernhof, 10 Kilometer von Volterra entfernt, untergebracht. Die anderen Holzfachleute wohnten erst in der Villa Palagione und später dann in Ponsacco. Schon bei dem Kennenlern-Wochenende im Dezember 2004 in Stuttgart war uns bewusst, dass das Zusammenleben in einer so großen Gruppe mit den unterschiedlichsten Leuten und Charakteren seine Schwierigkeit birgt. Wir haben uns damals schon viele Gedanken über die Haushaltsorganisation und allgemeine Regelungen für das Zusammenleben gemacht. In der Realität war dann alles viel einfacher und die Organisation des Haushalts mit kochen, spülen, putzen usw. lief weitestgehend ohne Probleme ab. Wir haben uns insgesamt prima miteinander verstanden und jeder war darauf bedacht, die Harmonie im Haus zu erhalten. Alle gemeinsam haben wir unsere Freizeit bunt und lebendig gestaltet und auch auf eigene Faust unsere Umgebung, die Toskana und Rom erkundet. Als das Wetter in den letzten zwei Wochen besser wurde, konnten wir uns ein klein wenig bei den G.I.A.N.s erkenntlich zeigen, indem wir bei Reparaturen rund um das Haus und im Haus halfen. Die Naturfreunde Herz und Seele des Projekts sind und bleiben die G.I.A.N.s. Bereits bei der Ankunft an unserem ersten Abend haben sie uns herzlich begrüßt und mit einem tollen toskanischen Menü willkommen geheißen. Zu jedem erdenklichen Anlass haben sie oder speziell die Fotogruppe für uns gekocht und tolle Feste mit uns gefeiert. Sie haben sich um uns gekümmert und bemüht, als wären wir ihre Kinder! Mit ihnen und auch mit der Stadt Ponsacco konnten wir die Toskana noch intensiver kennen lernen: Dia-Abend mit der Fotogruppe, Etruskergräber in Volterra, die Uffizien in Florenz und der Marmorabbau in Carrara.

Sprachkurs
Die meisten von uns haben sich sprachlich bereits an einigen Wochenenden Ende 2004 bei einem Sprachkurs des Italienischen Kulturinstituts in Stuttgart vorbereitet. Dieser Kurs war sehr lehrreich und besonders in den ersten Tagen in Volterra, aber auch beim Sprachkurs in der Villa Palagione sehr hilfreich. Ab dem ersten Tag nach unserer Ankunft hatten wir vier Wochen lang täglich von 9:00 bis 13:00 Uhr einen Sprachkurs in der Villa Palagione. Für einen Intensivsprachkurs war er sehr locker aufgebaut und unsere beiden Lehrer Paola und Duccio brachten uns die Sprache spielerisch über Dialoge, Spiele und Lieder näher. Während dieser Zeit lernten wir Kultur und Sprache auch durch einige Exkursionen besser kennen: Stadtrundgang in Volterra und Besuch einer Alabasterwerkstatt, Besichtigung der Villa und das Kennenlernen der damit verbundenen Geschichte der Toskana; Ausflug nach Vinci (Geburtshaus Leonardos und Museum Leonardino) und Lucca; mehrtägiges Praktikum in der Scuola d'Arte in Volterra in den Bereichen Alabaster, Holz und Metall, Kinobesuch, Ausflug nach Montecatini mit Besichtigung einer stillgelegten Kupfermine, des Minenmuseums und Praktikum in einer Werkstatt und mit Besichtigung des Bauernhofs Lischetto mit ökologischer Käserei. Am Ende des Kurses stand eine Abschlussprüfung mit Zertifikat und wir Leonardos organisierten ein großes Abschlussfest in der Villa Palagione mit großem schwäbischem Menü und abwechslungsreichem Unterhaltungsprogramm.

Arbeit im Torre Toscano
Im Gegensatz zu den anderen vier Holzfachleuten blieb ich die ganzen drei Monate in Volterra. Meine Aufgabe bestand darin, im Turm die zwei Eingangsflügeltüren, die acht Fensterläden und eine Bühnentür aus dem Jahre 1921 zu restaurieren. Als erstes mussten sie grob vom Dreck gereinigt und danach gründlich geschliffen werden. Risse und Löcher befreite ich von alten Spachtelmassen und morschem Holz und spachtelte sie neu aus. Hierzu kam ein berufserfahrener und mit der Restauration vertrauter Volterraner Schreiner, Paolo Ciampini, der mir zeigte, wie man antiken "stucco" herstellt. Ein Gemisch aus Leinöl, Holzstaub und Kreide. Aufgrund der geringen Temperaturen im Turm dauerte es leider zwei Wochen, bis ich die verspachtelten Türen überschleifen konnte. Richtig ausgetrocknet war die Masse aber immer noch nicht. Nachdem die Türen ihren Endschliff erhalten hatten, wurden die Metallnägel mit Ferrox und das Holz mit heißem Leinöl eingelassen. Stellen, die durch die Verwitterung besonders mürbe waren, behandelte ich zusätzlich mit einer Konsolidante zur Verfestigung der Holzstruktur. Danach wurden sie noch ein zweites Mal mit einem geringen Zusatz von reinem Bienenwachs eingeölt und wieder montiert. Benni, der als Elektriker am Turm sieben Wochen lang nichts zu tun hatte, hat mich bei meiner Arbeit sehr tatkräftig unterstützt! Ohne ihn wäre ich wohl nicht rechtzeitig fertig geworden. Wenn ich Material benötigte, ging ich mit Massimo einkaufen oder Giorgio brachte mir die fehlenden Dinge immer sofort. Es wurde sogar extra ein kleiner Schwingschleifer für mich angeschafft. Auch Paolo war immer gleich zur Stelle, wenn es Fragen gab. Für mich lief die Arbeit am Turm und die Zusammenarbeit mit den italienischen Beteiligten äußerst zufriedenstellend ab.

Persönliche Erfahrungen
Im Rahmen des Projekts konnte ich viele tolle Eindrücke sammeln; leider ging die Zeit viel zu schnell vorbei. Die Herzlichkeit und überwältigende Gastfreundschaft der Italiener, speziell der G.I.A.N.s, war überwältigend. Ich hoffe, ich kann mir etwas von der italienischen Lockerheit, Ruhe und Lebenseinstellung bewahren. Auch finde ich es beeindruckend, wie stolz die Toskaner auf ihre Geschichte und Kultur sind und wie sie im Bewusstsein auf die Tradition aufwachsen und leben. Ich bin sehr froh, dass ich mit dem größten Teil der Gruppe zusammen in IL Vile wohnen konnte. Es war toll, Teil dieser großen Gemeinschaft zu sein und an dem Gruppenleben teilzuhaben. Es ist überraschend und überaus positiv, wie gut ich kurz zuvor noch fremde und unterschiedlichste Menschen miteinander verstehen können und welche Freundschaften sich daraus entwickeln! Besonders im Bezug auf diese Erfahrungen war der Aufenthalt in der Toskana sehr lehrreich. Grazie a tutti!